St. Mariä Empfängnis

In der Farbe Blau erkennen wir den Himmel und das Meer wieder, sie steht für Klarheit, Transparenz und die unendliche Weite. Das Blau ist in den mittelalterlichen Darstellungen der Maria eine wichtige Symbolfarbe – sie signalisiert, dass Maria durch die Geburt ihres Sohnes, der zugleich der Gottessohn ist, als Himmelskönigin verehrt wird.
Der Künstler Jürgen Drewer greift diese Jahrhunderte alte Tradition auf und übersetzt sie in eine abstrakte, dem Informell zu zu rechnende Bildsprache. Sein Marienbild besteht aus einer Vielzahl von Scheiben, die passgenau gestoßen und mit der Trägerscheibe verklebt wurden. Durch die Behandlung mit Flusssäure entstehen die Farbnuancen. Wie in einem Aquarell erscheinen fließende Farbverläufe von fast transparentem Blau bis zu einem tiefen dunklen Blauton. Die Stellen, an denen die Gläser zusammenstoßen, bilden weiße Linien, die sich netzartig über das gesamte Fenster ziehen. Es entsteht ein Bild, in das sich der Betrachter versenken kann – sich auf einen meditativen Weg über Wege und Flüsse begeben oder aber Fragmente und Splitter assoziieren kann, die zu einem neuen Ganzen zusammengefügt wurden.
Neben dem blauen Element erhebt sich ein schmales hohes rotes Rechteck mit schwarzen Zeichnungen. Ihre motivische Grundlage findet sich in der Darstellung des Faltenwurfs eines Mariengewandes. Drewer geht mit dieser Gestaltung auf das vorhandene Fenster im Innenraum der Kirche ein, wobei er die prozentualen Farbanteile Blau und Rot proportional umkehrt. Zwischen der blauen und der roten Fläche befindet sich ein schmaler Klarglasstreifen. Er lässt eine Verbindung von Innen nach Außen ebenso zu wie die von Außen nach Innen – im wahrsten Sinne eine Öffnung der Kirche zur säkularisierten Welt.

© Sigrid Blomen-Radermacher